Türkeibashing – ein trauriger Höhepunkt

“Die antitürkische Stimmung hat in Teilen Europas einen traurigen Höhepunkt erreicht, wie ich sie niemals für möglich gehalten hätte. Sie ist irrational, oft feindlich, wenn nicht sogar hasserfüllt”, so Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei. Yeneroğlu weiter:

“Nachdem schon die mediale Aufarbeitung des niedergeschlagenen Putschversuches in der Türkei ein schlechtes Licht auf das Demokratieverständnis insbesondere von Meinungsmachern wirft, markieren nun Aussagen politisch Verantwortlicher einen neuen Tiefpunkt für die ohnehin angespannten türkisch-europäischen Beziehungen.

Ohne Übertreibung kann man die derzeitige Stimmungslage in puncto Türkei als irrational, oft feindlich, wenn nicht sogar hasserfüllt bezeichnen. Im atemberaubenden Tempo hat man dabei den blutigen Umsturzversuch abgehakt und ist zu dem üblichen Türkei- und Erdoğanbashing zurückgekehrt. Es ist enttäuschend, dass man dabei der europäischen Öffentlichkeit die bewegende Wahrheit und auch Dramatik über den Widerstand der türkischen Bevölkerung und ihrer gewählten Repräsentanten vorenthält. Selbst Tabubrüche wie die ansonsten zu Recht verpönten Analogien zum mörderischen Naziregime oder totalitären Diktatur in Nordkorea werden derzeit in Kauf genommen, um im Bezug auf den gewählten Staatpräsidenten Erdogan und die türkische Regierung eine drastische Gefahr zu beschwören, die objektiv in der Wahrnehmung der türkischen Bevölkerung schlicht und einfach nicht existent ist.

Die Stimmungslage hat sich derart zugespitzt, dass inzwischen jede Pietätlosigkeit unwidersprochen bleibt. Das ist unerträglich. Insbesondere dann wenn auch Politiker in diesen Chor einstimmen und Stimmung machen gegen die türkische Bevölkerung. Gefährlich wird es, wenn jede Art von Solidarisierung mit der Türkei verteufelt wird, gar aufenthaltsrechtliche Konsequenzen angedroht werden und Türkeistämmige ob ihrer Ansichten stigmatisiert werden. Das man sogar unverhohlen islamischen Religionsgemeinschaften vorschreiben will, was und in welcher Sprache sie zu predigen oder welche Position sie zum Putschversuch in der Türkei zu vertreten haben, schlägt dem Fass dann doch den Boden aus. Das sind klar antidemokratische Züge und mit der Meinungsfreiheit schon längst nicht mehr vereinbar.

Es ist eines, der türkischen Bevölkerung in oder außerhalb der Türkei den ihr normalerweise gebührenden Respekt vorzuenthalten, aber es ist skandalös und nicht hinnehmbar, sie zu kriminalisieren. Sie haben alles Recht sich selbst zu feiern, weil sie im Kampf gegen die Putschisten, mit einem Schulterschluss über alle parteipolitischen, ideologischen, religiösen und ethnischen Grenzen hinweg, erfolgreich die Demokratie verteidigt haben.”