„Die sorgfältige Untersuchung von Todesfällen und Körperverletzungen in Polizeigewahrsam sowie die Einführung wirksamer Mechanismen gegen institutionellen Rassismus bei Sicherheitskräften und Justiz sind längst überfällig.“, erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Abgeordneter der Großen Nationalversammlung der Türkei, mit Bezug auf den Jahrestag des in Dessau gestorbenen Asylbewerbers Oury Jalloh. Yeneroğlu weiter:

„Am 7. Januar 2005 wurde der Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra Leone in einer Dessauer Polizeizelle tot aufgefunden; er hat bei einem Brand, gefesselt an Füßen und Händen, sein Leben verloren. Jahrelang war von einem angeblichen Selbstmord die Rede. Mit der Hoffnung einer aufklärenden Ermittlung hat man jedoch in den Jahren darauf beobachten können, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren verschleppte, bedeutende Ermittlungsergebnisse vertuschte, Polizisten die Aufklärung des Falles behinderten und trotz erheblicher Beweismaterialien und Mordverdacht Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft im Oktober gar eingestellt wurden. Laut geleakten Sachverständigenberichten scheint der Verdacht des Mordes sogar wahrscheinlicher zu sein als die seitdem behauptete Selbstanzündung Jallohs. Nun wird erwartet, dass die Ermittlungen bei einer anderen Generalstaatsanwaltschaft noch einmal aufgenommen werden.

Die sorgfältige Untersuchung von Todesfällen und Körperverletzungen in Polizeigewahrsam sowie die Einführung wirksamer Mechanismen gegen institutionellen Rassismus bei Sicherheitskräften und Justiz sind längst überfällig. Bei tagtäglichen rassistisch oder islamophob bedingten Angriffen, sind Sicherheitsbehörden den Opfern oftmals keine Unterstützung, sondern auch immer häufiger eine weitere Quelle der Unsicherheit. Es ist höchst besorgniserregend, dass nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 92% der Ermittlungen gegen Polizisten scheitern. Als Grund wird aufgeführt, dass die Ermittlungen von der Polizei selbst durchgeführt werden und diese oft nicht gegen ihre Kollegen aussagen. Und obwohl der tief verwurzelte institutionelle Rassismus in Deutschland durch diverse wissenschaftliche Studien bereits angeprangert wurde und von ‚Einzelfällen‘ längst nicht mehr die Rede sein kann, ist von spürbaren Reformen weit und breit nichts zu sehen. Insbesondere in Fällen wie diesen ist eine unabhängige juristische wie auch politische Aufklärung eine dringende Notwendigkeit, die jedoch immer noch keinerlei Priorität bei der Regierung oder den politischen Parteien genießt. Das mit der NSU-Pannenserie zerrüttete Vertrauen in Sicherheitskräfte muss umgehend wiederhergestellt, Fälle lückenlos aufgeklärt und Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden.

Heute, an seinem 13. Jahrestag, gedenke ich des Todes von Oury Jalloh und spreche seiner Familie mein herzliches Beileid aus.“

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