“Der Kampf gegen Rassismus erfordert viel mehr als nur die Fahne der Menschenrechte zu schwenken. Er erfordert durchgreifende Maßnahmen sowie eine klare Haltung. Mit Aussitzen werden Problem nicht gelöst, sondern vergrößert”, so Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei anlässlich des dritten Jahrestages der UN-Rüge des Anti-Rassismus-Ausschusses (CERD) gegen Bundesrepublik Deutschland im Fall Thilo Sarrazins. Yeneroğlu weiter:
“Thilo Sarrazin, früherer SPD-Politiker und Finanzsenator in Berlin sowie Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, gehört zweifelsohne mit zu den größten geistigen Brandstiftern der deutschen Nachkriegsgeschichte. Er hat maßgeblich mit dazu beigetragen, dass rassistisches Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft verankert und salonfähig wurde.
Sarrazin hatte türkischen und arabischen Jugendlichen pauschal Integrationsunwilligkeit und -unfähigkeit vorgeworfen. Die Türken würden Deutschland erobern durch höhere Geburtenraten und sie ‘produzierten’ ständig ‘Kopftuchmädchen’. Die deutsche Medienlandschaft bot Sarrazin breiten Raum zur Verbreitung seiner Thesen, die Bundesrepublik schaute unbeteiligt zu, die Staatsanwaltschaft stellte Verfahren wegen Volksverhetzung und Beleidigung ein.
Auf eine Beschwerde hin prüfte der UN-Anti-Rassismus-Ausschuss den Fall und sprach Deutschland eine Rüge aus. Sie befand, dass die Äußerungen von Thilo Sarrazin rassistisch waren und nicht geahndet wurden. Deutschland wurde unter anderem aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, damit sich solche Fälle in Zukunft nicht wiederholen.
Geändert hat sich seit dem wenig. Über ein paar wirkungslose plakative Maßnahmen hinaus wurde weder an der Rechtslage noch an der Praxis etwas geändert. Das Verfahren gegen Sarrazin wurde – auch nach einer zweiten Prüfung aufgrund der Rüge – nicht wieder aufgenommen. Wünschenswert wäre es gewesen, wenn Politik und Justiz klare Haltung und Konsequenz gezeigt hätten. Ein starkes Signal, dass Rassismus in Deutschland nicht geduldet wird, wäre angesichts wachsendem Rechtsextremismus bitter nötig gewesen. Im Fall Sarrazin hat Deutschland aber weggeschaut und ist sitzengeblieben – und es sitzt die Rüge bis heute aus.”