„Das sog. Integrationspaket ist dem Inhalt nach ein Ausgrenzungspaket mit kulturrassistischen Zügen. Das Paket richtet sich offenbar weniger an Migranten als vielmehr rechte Wähler, die auf plakative Schlagwörter anspringen sollen. Die politische Inhaltsleere wird mit dem schlagzeilenträchtigen Koranverteilungsverbot kaschiert.“ erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich der Verabschiedung des sog. Integrationspaketes mit den Stimmen der Regierungskoalition aus ÖVP und SPÖ im Nationalrat Wien. Yeneroğlu weiter:

„Es gehört zu den unsäglichen politischen Entwicklungen Österreichs, dass neben der ÖVP selbst die Sozialdemokraten sich in das in den letzten Jahren entfachte Rennen um die Gunst des Wählerpotentials am rechten Rand begeben haben und dabei sogar die kulturrassistische FPÖ rechts überholen. Ein politischer Irrweg , zumal vielfach bewiesen wurde, dass Wähler im Ergebnis eher das Original wählen, nachdem die Kopien deren radikale Thesen durch Übernahme selbiger legitimiert und verstärkt gesellschaftsfähig gemacht haben.

In diesem Sinne ist das als Integrationspaket bezeichnete aber als Ausgrenzungspaket gemeinte Gesetzesvorhaben mit verpflichtenden Deutsch- und Wertekursen, strafbewehrten Gesichtsverhüllungsverboten und dem Koranverteilungsverbot als markante Krönung untauglich, um der rechtspopulistischen FPÖ Wähler abzujagen, aber sicherlich geeignet, um die weitere Zunahme von fremden- und vor allem islamfeindlichen Positionen zu fördern und Radikale jeglicher Couleur zu stärken.

Die hier bediente Symbolpolitik mit dem Verbot der kaum praktizierten Gesichtsverhüllung kommt politischen Forderungen der Rechtspopulisten entgegen und wird von rechten Wählern als Bestätigung ihrer Weltsicht verstanden. Selbst die Regierungskoalition ist sich beim ebenfalls beschlossenen Verbot von Koranverbreitungsaktionen der Verfassungswidrikeit dieser Maßnahme bewusst, packt sie selbige doch mit bemerkenswerter Wortakrobatik als verkehrsfremde Benutzung von Straßen in die Straßenverkehrsordnung.

Damit „sollen etwa solche Verteilaktionen, deren Zweck gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gerichtet ist, wie beispielsweise zum Zweck der Verbreitung radikalen Gedankenguts, unterbunden werden“ so die offizielle Erläuterung der Regierungsvorlage. Die Koalition erwartet, dass Ordnungsbehörden diese Regelung als eine ausreichende Rechtsgrundlage erkennen, um Koranverteilungsaktionen von sog. Salafisten zu verhindern. Wie die Behörden zur Verhinderung bzw. sofortigen Vollstreckung erkennen wollen, wer Salafist ist und wer nicht und ob sie erst durch die Verknüpfung Salafist + Koran das radikale Gedankengut erkennen sollen bzw. dieses sich vielleicht schon durch den verteilten Koran ergibt, bleibt ihrer Interpretation überlassen.

Es ist schon erstaunlich, welch verfassungsrechtlich grenzwertige Energie von sog. Volksparteien aufgebracht wird, um durch Ausgrenzungsrhetorik vermeintlich „klare Kante“ in der Integrationspolitik zu zeigen, während man die blutige Propaganda von linksextremistischen Terrororganisationen auf österreichischem Boden offensichtlich ignoriert. Jedenfalls werden diese Verbote und Verpflichtungen nicht die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund befördern, sondern zum einen die Ausgrenzung von Muslimen stärken und zum anderen die Gesellschaft zunehmend vergiften sowie Freiheitsrechte weiter aushöhlen.“

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