“Bei den bevorstehenden Wahlen sind insbesondere Minderheiten aufgerufen, Politiker in das Landesparlament zu wählen, die sich für eine gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen einsetzen. Vor allem religiöse und ethnische Minderheiten stehen deshalb in der Pflicht, an die Urnen zu gehen und eine Politik für Demokratie und Vielfalt zu wählen, dies gilt in ganz besonderer Weise für die wahlberechtigten Türkeistämmigen”, erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich der bevorstehenden Landtagswahl am kommenden Sonntag (14.05.2017) in Nordrhein-Westfalen. Mustafa Yeneroğlu weiter:

„Über 1,5 Million Muslime leben in Nordrhein-Westfalen, davon 1 Million Türkeistämmige, mehr als die Hälfte von ihnen hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie sind in ganz besonderer Weise aufgerufen, an die Wahlurnen zu gehen und Verantwortung für sich selbst und das Land zu übernehmen. Häufig haben türkeistämmige Wähler in der Vergangenheit Politiker mit türkischen Wurzeln in etablierten Parteien gewählt in der Hoffnung, sie würden sich für ihre Belange einsetzen und ihre Interessen vertreten. Gestärkt wurde diese Hoffnung, weil auch in türkischen Vereinsheimen und Moscheegemeinden um die Stimmen der Türkeistämmigen gebuhlt und aktiv mit der türkischen Herkunft geworben wurde. Und nicht selten wurden die Wähler bitter enttäuscht.

Die wachsende Fremden- und Islamfeindlichkeit in Deutschland und Europa sowie der historische Tiefpunkt deutsch-türkischer Beziehungen geben den anstehenden Wahlen eine besondere Bedeutung. Die Wahlberechtigten haben es in der Hand, Politiker zu wählen, die offen für eine vielfältige Gesellschaft eintreten und Pluralität als gesellschaftliche Stärke und nicht als Problem betrachten. Es gilt also sorgfältig zu prüfen, inwieweit sich Kandidaten für eine gleichberechtigte Teilnahme von Muslimen im öffentlichen Leben einsetzen, ob und inwiefern sie den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch der Gleichstellung von muslimischen Religionsgemeinschaften unterstützen und für konkrete Projekte gegen die Bekämpfung der Islamfeindschaft stark machen. Darüber hinaus sollten Türkeistämmige ein besonderes Augenmerk darauf richten, inwieweit sich Politiker für eine Integration durch Partizipation aussprechen oder etwa assimilative Tendenzen gutheißen, ob sie der Versuchung widerstehen, aus der zunehmend antitürkischen Stimmung Kapital zu schlagen oder sich für die deutsch-türkische Freundschaft einsetzen und vor allem welche Position sie bzw. Ihre Parteien zur Terrororganisation PKK haben.

Während die Linke sich aufgrund ihrer offenen Unterstützung für die Terrororganisation PKK grundsätzlich disqualifiziert, tun sich die Grünen, trotz vieler guter Politiker in ihren Reihen, mit einem Parteivorsitzenden der permanent auf Veranstaltungen auftaucht, die von Kadern der Terrororganisation unterstützt werden und auf welcher PKK-Flaggen wehen, keinen Gefallen. Jeglicher Einsatz für die Stärkung von Unfrieden in einem ausländischen Staat ist nicht tolerierbar. Ähnliches gilt auch für die SPD, dessen Parteivorsitzender eine Partei, die ihr Verhältnis zur PKK und zum Terror selbiger längst nicht geklärt hat, in kurioser Weise als „Schwesterpartei“ bezeichnet. Und selbst wenn die CDU in puncto Verhältnis zur PKK eindeutig Stellung bezieht, vergrault sie mit ihrer inhaltsleereren Symbolpolitik, die rechtspopulistische Parolen legitimiert und den eigenen Parteivorsitzenden als Türken-Armin belustigt, potentielle Wähler. Es reicht nicht, türkischstämmige Kandidaten loszuschicken, vor allem dann nicht, wenn sich solche offenbar auch noch der religiösen und kulturellen Identität ihrer eigenen Familie schämen.

Enttäuschend ist zudem, dass viele türkeistämmige Politiker in Deutschland, sobald sie gewählt sind, die seit Jahrzehnten in Deutschland lebenden Türken plötzlich nicht mehr als einheimische und gleichberechtigte Bürger betrachten, sondern als Problem-Menschen, die noch integriert werden müssen. Dies meistens daher, um in der eigenen Partei selbst nicht als suspekt zu gelten. Muslimen im Allgemeinen und Türkeistämmigen im Besonderen droht also längst nicht mehr nur Ungemach von rechtsextremer und rechtspopulistischer Politik.

Ausdrücklich ausgenommen von dieser Kritik sind Politiker, die sich tatsächlich für die Interessen der Türken und Muslime in Deutschland einsetzen, jedoch in ihren Parteien nur ganz selten eine Chance bekommen oder sich deshalb teilweise in „kleinen“ Parteien engagieren.

Vor diesem Hintergrund ist die türkeistämmige und muslimische Minderheit aufgefordert, mit größter Sorgfalt auszusondern und ihre Stimme mit Bedacht abzugeben, denn diese wird die Politik und somit Zukunft des Landes mitbestimmen.“

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