Mustafa Yeneroğlu, in Deutschland groß geworden, steht kurz vor seinem Einzug ins Parlament. Allerdings kandiert er nicht für die CDU, sondern für die türkische AK Partei. MiGAZIN sprach mit ihm über seine Ziele, über Deutschland und die Türkei, über die AK Partei und wieso er Deutschland erhalten bleibt.
MiGAZIN: Sie sind in Deutschland geboren und aufgewachsen, haben in Köln studiert. Wieso kandidieren Sie in der Türkei und schließen sich nicht einer deutschen Partei an?
Mustafa Yeneroğlu: Ihre Frage suggeriert, als sei mein Weg außergewöhnlich. Wenn man sich in beiden Ländern gleichermaßen zu Hause fühlt, ist mein Engagement in der Türkei genauso selbstverständlich. Ich habe schon immer eine starke Bindung zur Türkei gehabt und gepflegt, über meine Sprache, meine Kultur und nicht zuletzt meine Religion. Genauso wie ich mich in Deutschland zu Hause fühle, bin ich auch in der Türkei zu Hause – beide Länder sind wie ein zweiter Wohnsitz für mich.
Dennoch: Wieso haben Sie sich für die konservative AK Partei entschieden und nicht für die konservative CDU?
Yeneroğlu: Wenn die CDU mich mit meinem Selbstverständnis respektiert hätte, wäre das sicher eine Option gewesen. Es war aber die AK Partei, die Bedarf gesehen und mir das Angebot gemacht hat. Und das sagt dann auch etwas über die jeweiligen Verhältnisse und Möglichkeiten aus.
Was meinen Sie?
Yeneroğlu: Ich stehe für eine Politik, die Vielfalt – ob sprachlich, kulturell oder religiös – als Gewinn ansieht und diese nicht nur duldet, sondern aktiv fördert. In Deutschland kann man mit diesem Anspruch und dieser Agenda in den etablierten Parteien kaum Punkten. In weiten Teilen der Politik werden solche Ansätze sogar misstrauisch beäugt, wenn nicht sogar kritisiert und im Keim erstickt.
Seien wir ehrlich: Jemand mit meinem Profil würde in keiner großen Partei in Deutschland ein Zuhause bekommen. Ich gelte als ehemaliger Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG) als konservativer Muslim. Über viele Jahre wurde ich sogar als “islamistisch” und “verfassungsfeindlich” eingestuft. Erst in den vergangenen Jahren hat sich dieser verzerrte Blick auf die IGMG insgesamt etwas begradigt. In den Augen vieler Politiker bin ich dennoch eher ein Sicherheitsrisiko als ein Parteikollege oder ein Verantwortung tragender Mitgestalter. Und das ist ein tief sitzender Keil zwischen der hiesigen Politik und einem großen Teil der türkeistämmigen Bevölkerung in Deutschland.