Die heute veröffentlichte Erklärung der UN-Experten, in der Deutschland aufgefordert wird, die Kriminalisierung und polizeiliche Gewalt gegen pro-palästinensische Solidaritätsaktivisten zu stoppen, ist nicht nur ein zutreffendes, sondern vor allem ein beschämendes und zutiefst beunruhigendes Zeugnis für den Zustand der Freiheitsrechte in Deutschland.
Ich begrüße diese klare und deutliche Verlautbarung der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen. Sie bestätigt eine Entwicklung, die aus meiner Sicht eine moralische und politische Katastrophe darstellt.
Der Verlust der Glaubwürdigkeit und das Versagen des „Nie wieder“
Deutschland hat mit seiner Haltung gegenüber den Verbrechen der israelischen Regierung in Palästina – die über bloße verbale Unterstützung hinausgeht und die Leugnung sowie aktive Förderung von Völkermord einschließt – leider jegliche Glaubwürdigkeit als globaler Verfechter der Menschenrechte verloren.
Es ist eine Tragödie, dass das Land, das historische Verantwortung für das „Nie wieder“ trägt, nicht nur offensichtliche Gräueltaten in Gaza wissentlich unterstützt hat, sondern gleichzeitig mit versucht hat, Bürger im eigenen Land nicht nur über die Geschehnisse zu täuschen, sondern auch solche zu kriminalisieren, die gegen diese Politik protestieren.
Auch für mich persönlich ist dies eine große Tragödie, zumal mein Verständnis für Menschenrechte und für die freiheitlich-demokratische Grundordnung maßgeblich von meiner Sozialisation in Deutschland geprägt ist. Dass Deutschland im letzten Jahr sowohl in der Außenpolitik als auch in der Innenpolitik diese elementaren Werte mit Füßen getreten hat, schmerzt mich besonders.
Die Missachtung der Grundrechte im Inland
Der Bericht der UN-Experten beleuchtet schmerzhaft, wie in diesem Prozess Grundrechte in Deutschland mit Füßen getreten wurden. Die Einschränkung des Rechts auf friedliche Versammlung, die exzessive Anwendung von Polizeigewalt, willkürliche Festnahmen und die Ausweitung der Kriminalisierung auf geschützte Meinungsäußerungen sind seit einem Jahr immer wiederkehrende Angriffe auf die Verfassungsordnung.
Wenn Bürger in Deutschland Bedenken haben müssen, legitime politische Forderungen zu äußern oder humanitäre Anliegen zu verteidigen – wie etwa der Ruf nach einem Waffenembargo oder humanitärer Hilfe – dann ist das ein alarmierendes Zeichen für den Verfall der demokratischen Kultur in Deutschland. Die Inkonsistenz der Rechtsprechung und die generelle Tendenz der Behörden, legitime Solidarität als Unterstützung für Terrorismus zu diffamieren, ist ein eklatanter Verstoß gegen die Freiheit der politischen Meinungsäußerung.
Die Erwartung an die deutsche Politik
Ich erwarte von jedem verantwortlichen Politiker in Deutschland, dass er sich ehrlich und aufrichtig mit diesem ihnen gesetzten Spiegel auseinandersetzt. Es ist an der Zeit, eine tiefgreifende Selbstreflexion zu beginnen und dabei mit Taten klarzustellen, dass der verfassungsrechtliche Anspruch auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit ohne Einschränkungen für pro-palästinensische Meinungen und Demonstrationen gilt – gerade auch in Bezug auf die Verbrechen der israelischen Regierung.
Ebenso gilt es nun, klarzustellen, dass die historische und moralische Pflicht des „Nie wieder“ nur dann moralisch überzeugend ist und als Maxime vermittelt werden kann, wenn sie universell gilt – für alle Menschen gleichermaßen, also auch für Palästinenserinnen und Palästinenser in Gaza. Die moralische Autorität Deutschlands kann nur durch einen klaren Kurswechsel in der Außenpolitik zurückgewonnen werden.
Schließlich muss gerade jetzt Deutschland sich als moralisch verpflichtet sehen, dabei mitzuwirken, dass die Verbrechen in Gaza umfänglich aufgeklärt und dokumentiert werden, sowie Vorreiter dabei sein, das unermessliche menschliche Leid durch umfassende humanitäre Hilfe sofort zu lindern.
https://www.ohchr.org/en/press-releases/2025/10/un-experts-urge-germany-halt-criminalisation-and-police-violence-against